Bildungsauftrag: Digitalität aneignen
Wir können davon ausgehen, dass der Prozess „Digitalisierung“ weiter dynamisch abläuft und so umfassend ist, dass sich nicht die Frage stellt, ob informationstechnische Geräte und Strukturen eingesetzt werden sollen, sondern wie wir als Mitglieder der Gesellschaft damit umgehen. Ob wir wollen oder nicht: Die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Strukturen, in denen wir uns bewegen, sind durch Informationstechnologien geprägt. Daraus ergeben sich grundlegend neue Aspekte der Bildung, die sich nicht auf Schule reduzieren lassen.
Zwanzig Jahre zu spät
Im August 2019 hat das Hessische Kultusministerium einen "Praxisleitfaden Medienkompetenz“ (https://kultusministerium.hessen.de/infomaterial/Praxisleitfaden-Medienkompetenz-Bildung-in-der-digitalen-Welt) herausgegeben, der die wichtigsten Linien für den Unterricht mit neuen Medien an hessichen Schulen zeigt. Ein gute Idee, ein Schritt in die richtige Richtung und von den Ansätzen her gelungen. Leider aber zwanzig Jahre zu spät.
IT und Mystizismus
Wenn in Athen des 5. Jahrhunderts v.u.Z. ein Blitz einschlug, dann war klar: Der wurde von Zeus geschleudert. Wenn heute Menschen durch Werbung zu unmäßigem Konsum verleitet werden, dann ist das Internet dran schuld. Oder?
Künstliche Intelligenz, Internet, digitale Spiele oder Roboter: Sie dienen als Projektionsflächen für vielerlei Phantasien, Ängste oder Hoffnungen. Wenn man jedoch die digitalen Produkte entkleidet, sie von den Spinnweben der unterschiedlichen Phantasien befreit, dann wird die reale technologische Basis klar und nachvollziehbar. Und dann werden die wirtschaftlichen Zusammenhänge, die politischen Zwecke und die individuellen Nutzen und Gefährdungen durch IT in der realen Welt deutlich. Mit der Kenntnis der technologischen Grundlagen kann jenseits von Mythenbildung und Irrationalismus diskutiert werden, welche gesellschaftlichen und politischen Ziele die Nutzung dieser Technologien zugrunde liegen sollten. Dazu zwei Beispiele: KI und Robhter.
10 Thesen zur außerschulischen Digitalen Bildung
Die Digitalisierung ist bereits umfassend erfolgt, wir leben in einer Welt, die durchgängig von Digitalen Strukturen geprägt ist. Der gegenwärtige Status ist besser mit dem Begriff Digitalität umschrieben. Da die Digitalität unsere soziale Situation bestimmt, unsere kulturellen Wahrnehmungen strukturiert und politische Haltungen beeinflusst, ist digitale Bildung ein elementarer Bestandteil politischer Bildung. Und das nicht nur in der Schule.
Programmieren lernen?
Als 2016 die damalige Bundeskanzlerin gefragt wurde, was denn SchülerInnen können sollten, antwortete sie: "Lesen, Rechnen, Schreiben und - äh - Programmieren natürlich". Wir gehen im Folgenden mal davon aus, dass sie damit nicht das reine Anwenderwissen von Office-Suites meinte. Oder vielleicht doch?
Also jetzt: nach Integration, Inklusion und Gutes Benehmen ein weiteres Schulfach "Programmieren"?
Digitale Grundbildung für Unterrichtende
Der Flaschenzug vermittelt im Physikunterricht die grundlegenden Kenntnisse zu Kraft, Weg oder Masse als physikalische Einheiten. Im Chemieunterricht lernen die SchülerInnen den Unterschied zwischen Laugen und Säuren. Und was erfahren Schülerinnen über die grundlegenden Begriffe der Informationstechnologien wie Vernetzung, Programmieren oder Datenbanken? Nichts.
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