Bildungsauftrag: Digitalität aneignen
Wir können davon ausgehen, dass der Prozess „Digitalisierung“ weiter dynamisch abläuft und so umfassend ist, dass sich nicht die Frage stellt, ob informationstechnische Geräte und Strukturen eingesetzt werden sollen, sondern wie wir als Mitglieder der Gesellschaft damit umgehen. Ob wir wollen oder nicht: Die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Strukturen, in denen wir uns bewegen, sind durch Informationstechnologien geprägt. Daraus ergeben sich grundlegend neue Aspekte der Bildung, die sich nicht auf Schule reduzieren lassen.
Wenn wir zum Arzt gehen, werden wir in den seltensten Fällen alle medizinischen Details über unsere Krankheit verstehen wollen. Wir wollen wissen, welche Ursachen diese Krankheit hat, wie die Symptome sich auf uns auswirken, welche Medikamente und welches Verhalten für uns sinnvoll ist. Die dahinter stehenden einzelnen Ergebnisse der Medizinforschung sind für uns in der Regel uninteressant und auch häufig nicht nachvollziehbar.
In den 70er Jahren gab es in der damaligen Bundesrepublik kleine Fernsehspots: „Der siebte Sinn“. Sie zeigten den Verkehrsteilnehmerinnen vernünftiges Verkehrsverhalten. Warum nicht ein ähnliches Format auflegen, in dem die Bürgerinnen mit grundlegenden Informationen zur Digitalität versorgt werden?
Damals wurde auch nicht im Detail gezeigt, wie ein Motor funktioniert und wie Bremsen wirken. Es wurde kein Wissen vermittelt, wie ein Getriebe zu konstruieren ist. In Analogie dazu muss heute kein Mensch programmieren können, um Entscheidungen in der Digitalität treffen zu können. Aber der Bildungsstand bezüglich digitaler Produkte sollte deutlich angehoben werden. Dann können auch kompetente Entscheidungen getroffen werden und dem häufig beobachtbaren Gefühl der Hilflosigkeit begegnet werden.
Der Bereich der digitalen Grundbildung kann nicht auf die Schulen abgewälzt werden. Dort herrscht unter den Unterrichtenden die gleiche Unsicherheit wie in der gesamten Gesellschaft. Das liegt auch zu einem Großteil an schleppenden Vorgehensweisen der Kultusministerien bei der Umsetzung eines zeitgemäßen Unterrichts.
Der große Bildungsauftrag, Menschen beim selbstbestimmten Leben in der Digitalität zu unterstützen, besteht für alle gesellschaftlichen Institutionen: Arbeitgeber und Gewerkschaften, Staat und NGOs . Sie alle sollten die Bedeutung digitaler Bildung für eine funktionierende Demokratie deutlich machen.